Der Igel und die Schnecke

Stefanie, die kecke Weinbergschnecke, und Ivo, der freche Igel, hatten sich zum Wettrennen verabredet. Natürlich wußte Stefanie, daß sie gegen den Igel mit seinen flinken Beinchen verlieren würde. Deswegen hatte sie sich einen raffinierten Plan ersonnen: In einem kleinen Busch, gleich neben der Ziellinie, versteckte sich Norbert, die fröhliche Nacktschnecke, um, wenn de richtige zeitpunkt gekommen war, so schnell er konnte zum Ziel zu kriechen.

Peng! Ein dicker Hirschkäfer gab das Startzeichen. Stefanie, die kecke Weinbergschnecke, und Ivo, der freche Igel, rannten los. Beide strengten sich mächtig an, und schon bald hatte Ivo die Schnecke abgehängt. Das war der richtige Zeitpunkt.

Norbert, die fröhliche Nacktschnecke, kroch aus dem Gebüsch und eilte zur Ziellinie. Unterdessen versteckte sich Stefanie in ihrem riesigen Weinbergschnekcenhaus. Norbert erreichte die Linie.
„Ich bin schon hier!“, rief er, und es sah aus, als hätte sich Stefanie ihres riesigen Schneckenhauses entledigt und bereits das Ziel erreicht.

Plötzlich kam ein scharfzahniges Maul aus einem Busch heraus und verschlang Norbert, die fröhliche Nacktschnecke, mit einem einzigen Happs.
„Ftimmt gar nift!“, rief Ingo, der beste Freund von Ivo, mit vollem Mund.

Ivo lachte, und Stefanie beschloß, noch ein paar Stunden in ihrem Weinbergschneckenhaus zu bleiben.

Wenn ich es mag, Türen und Fenster zuzuschmettern, bin ich dann ein Schmetterling…?

Gunter und Gerald

Man hätte Gunter und Gerald für eineiige Zwillinge halten können. Doch das waren sie nicht. Schließlich gab es – zumindest heute – mindestens einen entscheidenden Unterschied: Gerald hatte Geburtstag, Gunter schnupfen.

Wenn Gunter nieste, verschluckte er stets das „Ha“ vor dem „Tschi“. „Tschi!“ platzte es dann aus ihm heraus, und sein rechtes Bein stampfte gleichzeitig auf den Boden. Gerald hatte bisweilen geargwöhnt, daß Gunters Stampfen dazu diente, das fehlende „Ha“ zu kompensieren, doch sicher war er sich nicht.

Die beiden standen in Geralds Zimmer herum, und Gerald war gerade dabei, Gunters Geschenk [Es war mit Sicherheit wieder ein abenteuerlich aussehender Stein, den Gerald seiner Sammlung abenteuerlich aussehender Steine hinzufügen konnte.] auszupacken, als Gunter nieste. „Tschi!“ explodierte es aus seinem Mund und Gunters rechter Fuß stampfte ein Loch in den Boden.

Tatsächlich: Da war plötzlich eine Delle im Teppich wo gerade noch eine ebene Fläche gewesen war. Gunter zog den Teppich beiseite. Unter diesem befand sich ein Loch, das ungefähr die Ausmaße von Gunters rechtem Fuß hatte. Nacheinander lugten Gunter und Gerald hindurch, doch erkannten nicht viel. Etwa ein Meter tiefer konnten sie aber eine Art Plattform erahnen.

Die beiden zögerten nicht lange und entfernten rasch weitere Teile des Bodens, vergrößerten innerhalb weniger Sekunden derart, daß ein schlanker Körper bequem hindurchpaßte.
„Ich gehe zuerst.“, meinte Gunter und Gerald nickte. Gunter ging immer zuerst.

Auf die Plattform zu gelangen, war nicht schwierig. Schlüpfte man durch das Loch, brauchte man nur noch loszulassen und landete mit einem unangenehm lauten „Wumms!“ auf der nächsten Ebene.
„Metall“, murmelte Gerald, „Die Plattform besteht aus Metall.“
Zudem war sie auch nicht sehr groß, maß vielleicht ein mal ein Meter und war umkränzt von einem stählernen Geländer. Nur eine Seite war offen. Dort ragte ein Brett über den Rand hinaus ins Leere.

„Eine Leiter!“, rief Gunter und war schon die ersten Sprossen hinabgestiegen.
„Wir sind auf einem Sprungturm.“, stellte Gerald fest, sobald auch er die Leiter betreten hatte.
„Wir sind in einer Schwimmhalle!“, rief Gunter von unten, denn er hatte die Leiter bereits hinter sich gelassen und erkundete die Umgebung.
„Tschi!“, nieste er und stampfte auf. Das Echo schallte von den Wänden wider.
‚Der Raum muß riesig sein!‘, dachte Gerald, doch konnte sich nicht erinnern, bisher über einem Schwimmbad gewohnt zu haben.
„Die Becken sind leer!“, rief Gunter, der von seiner Erkundungstour zurückgekehrt war. „Alle Becken sind leer.“ Er nieste erneut. Und stampfte.

Geralds Augen hatten sich mittlerweile an das dämmrige Dunkel gewöhnt, und er konnte seine Umgebung allmählich erkennen. Sie waren vom höchsten Sprungturm herabgestiegen; daneben standen noch zwei weitere. ‚Zehn Meter, fünf Meter, drei Meter.‘, schätzte Gerald und starrte in das leere Becken vor seinen Füßen. Es war nicht groß, aber sehr tief.
„Dahinten sind noch drei weitere.“, erklärte Gunter atemlos. „Eines für Kinder, ein großes zum Schwimmen und ein klitzekleines.“
„Ein Whirlpool.“, vermutete Gerald. Gunter nickte und nieste.

„Was war das?“, fragte Gerald plötzlich.
„Ich habe geniest.“, meinte Gunter.
„Psst.“, flüsterte Gerald und versuchte, in der Stille des Schwimmbads etwas zu hören, das nicht hierhergehörte. Schritte.
„Dort drüben.“, Gunter flüsterte nun auch und zeigte nach links.
Gerald nickte.

Gunter ging voran, langsam diesmal, schleichend. Gerald lief hinterher, versuchte, im Dämmerlicht etwas erkennen zu können.
„Es sind zwei.“, flüsterte Gunter plötzlich und deutete auf eine vertrocknete Palme. „Sie verstecken sich dahinter.“
Gerald nickte erneut. In seiner Tasche spürte er das beruhigende Gewicht des mit Geschenkpapier umwickelten Steins.

Die zwei Silhouetten lösten sich von ihrem Versteck, kamen zu ihnen.
„Wer seid ihr?“, rief Gunter und Gerald hörte das leichte Zittern in seiner Stimme.
‚Er hat Angst.‘, dachte Gerald, ‚Dabei hat Gunter niemals Angst!‘

Eine der beiden Fremden schrie plötzlich „Ha!“ und stampfte auf den Boden. Gerald konnte die beiden nun gut erkennen. Sie sahen aus wie Gunter. Beziehungsweise er selbst. Alle beide.
Was war hier los?

„Ich heiße Gunter.“sagte der Fremde, der nicht geschrien hatte. „Und das ist Gerald.“ Er zeigte auf seine Begleitung und ergänzte:
„Ich habe Geburtstag. Und Gerald Schnupfen.“

Sich selbst am Waschbecken zu ertappen, sekundenlang nicht imstande zu sein, dem dazu dienlichen Hahn Wasser entlocken zu können, weil dieser keinen Hebel beinhaltet, der wahlweise nach rechts, links, oben oder unten zu bewegen ist, und keinen simplen Druckknopf, der exakt x Sekunden lang brausendes Nass genehmigt, sondern nur zwei altmodische Drehknöpfe, einer für warmes, einer für kaltes Wasser, mit denen meine Hände in diesem Augenblick nichts anzufangen wissen; und die damit einhergehende Erkenntnis, dass die Vereinigung zweier Drehknäufe zu einem Hebel inzwischen als normal zu erachten ist, obgleich es sich irgendwie unnormal anfühlt…

Dreifach geschmunzelt

Die Magdeburger Universität zelebriert ihren jährlichen Türöffnungstag und heißt all das interessierte oder orientierungslose Jung- und Altvolk willkommen, das sich mit studiumsnahen Inhalten an den dem Regenwetter trotzenden Ständen zu bestücken versucht.

Bratwurstschwangere Nichtluft zwängt mich durch die Wege versperrenden Massen hindurch. Ich wende meine Blicke ab von den immergleichen Darbietungen der Fakultäten, die mich schon bei meinem ersten Besuch vor vielzuvielen Jahren nicht zu überzeugen wußten, und überlege – wie in jedem Jahr -, ob ich nicht innehalten und anprangern sollte, daß mit dem Dargebotenen Unwissende ins Verderben gelockt werden. Denn mit den spielerischen Experimenten, die die neugierigen Blicke kurzzeitig Faszinierter aus sich lenken, beschäftigt sich ein Studium frühestens kurz vor dessen Ende.

Doch ich haste weiter, begegne einer Studentencommunity, für deren Anmeldung es einer universitären Emailadresse bedarf – die also nutzlos ist für all das herumstreunernde Schülervolk. Ein Vertreter einer weiteren Studentencommunity läßt sich von mir, dem Zeichner des hauseigenen Maskottchens, veralbern, als ich eben jenes Maskottchen zu kritisieren beginne. Schmunzelnd verabschiede ich mich.

In Mensavorräumen warten Blutspendewillige auf ihre Abfertigung. Ohne Wartezeit jedoch verläuft die Typisierung zur Knochenmarkspende. Keine fünf Minuten meines irdischen Daseins werden in Anspruch genommen.

Das vegetarische Essen der Mensa läßt zu wünschen übrig, doch ich vertilge es, meine Augen in einen Roman vertieft. Heute greift die Regel nicht, die mich sonst zu erfreuen weiß: Ich bin lange genug Student, um bei einem Mensabesuch immer jemanden zu treffen, dem ich mich anschließen kann.
Ich bedaure nichts und lese.

Vor der Bibliothek grüße ich Leute, treffe Freunde, scherze darüber, welches Studium ich ihnen, die längst studieren, empfehlen könnte und daß es sich lohnen würde, sich bei der Studentencommunity mit dem häßlichen Maskottchen anzumelden.

Während ich die planlosen oder Pläne studierenden Gesichter der Nochnichtstudenten betrachte, erfreue ich mich meines Wissens um die einzelnen Campuslokationen. Gerne würde ich stehenbleiben und schlaue Tipps geben, doch ich eile weiter, schweige, frage mich, ob ich äußerlich den Unwissenden zugeordnet werde oder als Mitglied der Studierendenschaft erkennbar bin.

Ich bemühe mich, kein Interesse für die Stände aufzubringen, laufe an ihnen vorbei, als gäbe es sie nicht, ignoriere den Menschentrubel, gehe meine Wege, fast blind, wie ein Profi eben. Ich möchte nicht dazugehören, nicht zu jenen, die ahnungslos das Gelände durchstreifen.

Die Bibliothek lockt junge Besucher an und ich freue mich darüber, dort heute nicht lernen zu müssen. Die Tasche eines Mädchens ist mit kleinen Glöckchen bestückt und klingelt bei jeder Bewegung fröhlich vor sich hin. Keine gute Idee, denke ich schmunzelnd, während sie läutend das Büchergebäude betritt.

Noch einmal die Wahl zu haben, überlege ich, wäre vielleicht nicht das Schlechteste. Ich habe immer die Wahl, rede ich mir ein, und setze meinen Weg fort. Das angestrebte Zimmer ist verschlossen, und für einen Moment fühle ich mich ebenso planlos wie die über den Campus wanderten Massen.

Als ich das Gebäude verlasse, eile ich an zwei Sitzenden vorbei, die sich vom ziellosen Trubel auf einer Bank erholen. Eine Bemerkung über mein Aussehen fliegt an mein Ohr, und ich schmunzle erneut:
„Ein typischer Student.“

Zwanzig Meter

„Spiel mit mir!“ Ich war gerade in Begriff gewesen, nach Hause zu laufen, als mich der Riese ansprach. Auch wenn einem Riesen derartiges kaum zuzutrauen ist, behaupte ich, daß er sich angeschlichen hatte. Ja, vermutlich hatte er mich vorher sogar beobachtet und zum neuen Spielgefährten auserkoren.

Plötzlich jedenfalls hatte er vor mir in die Höhe geragt, mit nackten Füßen groß wie Autos. „Nein!“, hatte ich nach oben gerufen, obgleich ich mir denken konnte, was geschah, wenn man einem Riesen die Erfüllung seines Wunsches verweigerte: Bestenfalls steckte man Sekunden später kopfüber in einem Sandkasten und mußte sich beeilen, seine Meinung zu ändern, bevor die Atemluft knapp wurde.

„Spiel mit mir!“, hatte ich den Riesen erneut donnern gehört, während ich versucht hatte, alle Öffnungen meines Körpers zu schließen und vor eindringendem Sand zu schützen. Ich hatte keine Wahl gehabt, als „Mmpff.“ zu brummen, was sowohl „Okay!“ als auch „Nein!“ hätte heißen können.
Doch der Riese war – wenn man von seiner Neigung, andere kopfüber in Sandkästen zu stopfen absah – gutmütiger Natur und hatte meine sandverklebten Töne wohlwohllend interpretiert.

Und nun stand ich hier, an einen Kastanienbaum, gelehnt, hatte die AUgen halb geschlossen und zählte bis fünfzig, während der Boden hinter mir vibrierend bewies, daß der Riese nach einem Versteck suchte. Warum er ausgerechnet „Verstecken“ spielen wollte, war mir ein Rätsel. Zwanzig Meter hohe Wesen sind selbst in baumreichen Parks leicht zu entdecken.

„48 … 49 … 50! Ich komme!“ Ich drehte mich um. Vom Riesen keine Spur „Umso besser.“, dachte ich und beschloß wegzurennen, bevor ich ein zweites Mal Sand atmen mußte.

Ich lief los. Meine Turnschuhe trugen mich butterweich über den Kieselpfad, und bereits nach wenigen Schritten verspürte ich so etwas wie Freiheit. Ich lächelte, bog um eine Kurve – und stand vor dem Riesen. Er hatte sich hinter einer Laterne versteckt, wartete zusammengekauert darauf, daß ich ihn fand oder aufgab. Seine Augen waren geschlossen, als glaubte er, daß er unsichtbar sei, sobald er selbst nichts mehr sehen könne. Die Laterne reichte ihm bis zum Knie und sein Versuch, sich dahinter zu verstecken, wirkte niedlich – falls man so etwas über einen 20-Meter-Kerl sagen darf. Ich schmunzelte.

Doch noch immer hatter ich Sand in den ohren von der praktischen Umsetzung seiner Überredungskunst. Mein Schädel schmnerzte, und ich wollte eigentlich nur nach Hause. Ich mochte Versteckspielen nicht, und noch weniger mochte ich es, dazu gezwungen zu werden. Ich beschloß, mich am Riesen vorbeizuschleichen.

Jeden unnützen Laut vermeidend, auf Äste und lose Steinchen achtgebend, bewegte ich mich vorwärts. ich konnte meinen Atem hören. Er war viel zu laut.
Unter meinen Turnschuhsohlen knirschte leise der Knies. ‚Das kann er nicht hören.‘, beruhigte ich mich. ‚Seine Ohren sind über zwanzig Meter von mir entfernt.‘

Doch der Riese riß die Augen auf und rief fröhlich: „Du hast mich gefunden!“ Ich seufzte. „Jetzt bist du dran!“, donnerte es von oben auf mich herab, und ich wollte schon widersprechen, als ich mich meines letzten Widerspruchs entsann und seufzend zustimmte.

Der Riese lehnte sich an eine alte Eiche und schloß die Augen. „Eins. Zwei. Drei …“, zählte er so laut, daß es kilometerweit zu hören sein mußte.

Ich rannte los. Dies war meine letzte Chance zu entkommen! Ich spurtete über die Wiese. Das Gras dämpfte meine Schritte. Ich holte das Letzte aus mir heraus, steigerte Meter für Meter meine Geschwindigkeit. Nie zuvor in meinem Leben war ich so schnell gelaufen. „Dreiundvierzig. Vierundvierzig.“, dröhnte es hinter mir, und ich rannte weiter, sprang über Steine, wich spielenden Kindern aus, rannte, als hinge mein Leben davon ab. Und vielleicht tat es das.

„Fünfzig.“, höre ich den Riesen in der Ferne brüllen – zumindest kam es mir so vor, als brüllte er. ‚Nicht weit genug!‘, dachte ich, doch hielt inne. Der Riese hatte gute Ohren. Jeder weitere Schritt konnte mich verraten.

Ich brauchte ein Versteck. Zwischen zwei schlanken Bäumen entdeckte ich einen Wacholderbusch, dicht und üppig mit Blättern bestückt. Ich zwängte mich hinein. ‚Perfekt!‘, dachte ich und spürte die Vibrationen der Schritte des Riesens. Die Suche hatte begonnen.

Zunächst lief er in die falsche Richtung. Absichtlich, vermutete ich. Er wollte es sich nicht zu leicht machen. Nach einer Weile kam er näher. Der Boden bebte unter mir. Die Sache fing an, mir Spaß zu machen. Ich war unauffindbar und gluckste vor Vergnügen.

Der Riese blieb stehen. Ich sah ihn nicht, doch der Boden hatte aufgehört zu beben. „Wo bist du?“, donnerte es durch den Park. Ich schwieg. ‚Mucksmäuschenstill.‘, dachte ich und lächelte. Zwei Schritte des Riesens in meine Richtung. Er war noch immer mindestens dreißig Meter von mir entfernt. Doch er kam näher. Jeder Riesenschritt verkürzte die Distanz rapide.

„Wo bist du?“, tönte es erneut. Ich hielt mir die Ohren zu. Noch ein Schritt. Und zwei weitere. Gleich würde er mich finden – oder an mir vorbeilaufen. Ich hielt den Atem an. Kein Laut war zu hören. Stille.

Als es nicht mehr ging, stieß ich vorsichtig die verbrauchte Luft aus und öffnete blinzelnd meine Augen. Der Riese mußte sich unmittelbar neben meinem Versteck befinden. Ich sah mich um, versuchte, durch das dichte Blätterwerk zu lugen, doch konnte ihn nirgends entdecken.

‚Das kann doch nicht sein!‘, dachte ich, ‚Ein Riese ist doch nicht zu übersehen.‘ Doch der Riese war verschwunden.

Mit einem Satz sprang ich aus dem Wacholferbusch heraus, blickte verstört in alle Richtungen – aber fand ihn nicht. Hier gab es keine Verstecke für 20-Meter-Männer. Nur ein paar Büsche und junge Bäume. Wo war er? War das ein Trick?

„Riese! Wo bist du?“, rief ich, doch der Riese antwortete nicht. Es war, als hätte er sich in Luft aufgelöst.

Ich entdeckte seine Spuren im weichen Gras. Seine monströsen Fußabdrücke hatten sich tief in den weichen Boden gegraben. Ich folgte ihnen, doch die Spur endete abrupt, unmittelbar neben meinem Versteck.

„Riese! Wo bist du?“, rief ich erneut, doch spürte, daß er verschwunden war.

Ein Mädchen mit Puppenwagen schaue mich verwundert an. „Hast du hier irgendwo einen Riesen gesehen?“, fragte ich. Die Verzweiflung in meiner Simme überraschte mich. Das Mädchen schüttelte den Kopf und ging hastig weiter.

Ich setzte mich ein einen der riesigen Fußabdrücke. Traurig lächelnd fuhr ich mit den Fingern die Kurven seines kleinsten Zehs nach.
„Eigentlich ein netter Kerl, der Riese.“, seufzte ich und kratzte mir ein wenig Sand aus den Ohren.