Exakt 22:10 machte ich mich auf den weiten Weg zu J, das funktionstüchtige und mit Superdynamo ausgestattete Fahrrad meines Mitbewohners nutzend. J wartete schon leicht fröstelnd, hatte ich mich doch für ein paar Minuten früher angekündigt. Wir schwangen uns auf die Räder und düsten langsam los. Langsam, weil Js frisch repariertes Rad unganzer war als gedacht und demnach den Fortbewegungszwecken wenig dienliche Macken aufwies. Trotzdem kamen wir voran, und während ich in der Sparkassenfiliale Geld aus der Wand zauberte, versuchte J sich daran, die lockere Fahrradkette richtig zu positionieren.
Aufgrund der damaschkeplatzigen Pozileifreiheit [Js Licht war wesentlich inexistenter als das meinige] aufatmend erreichten wir das Kino, wo wir die Räder sachgemäß vertäuten und uns an der nächstbesten Schlange hintenanstellten. „Hier geht es am Schnellsten.“, wußte ich zu behaupten, doch behielt nicht recht, da die jungen Menschen vor uns Parallelwartereihen bildeten, in die sich immer mehr von ihnen stellten [Der Gesamt-IQ schien trotzdem nicht zunzunehmen.].
Kurzerhand wechselten wir die Schlange, gerade rechtzeitig, um mitzuerleben, daß ein Pärchen seine Unentschlossenheit beseitigt hatte, sich vor uns einreihte und kurz darauf ein weiteres Pärchen begrüßte. Ich grummelte ein wenig, doch J war cleverer und nutzte die Gesprächsbeschäftigkeit der vier zu Vordrängelzwecken aus. Das wurde letztendlich zwar bemerkt, aber nicht geahndet, so daß wir uns in Ruhe überlegen konnten, ob nun „Doom“ oder „Der Fischer und seine Frau“ der angemessenere Film sei. Ich drückte meine Tendenz zu dem Christian-Ulmen-Film überumständlich aus, doch wir verstanden uns und kauften entsprechende Karten. Leider war Js Stempel-Bonus-Super-Checker-Karte schon abgelaufen, so daß sie eine neue bekam. Eigentlich zwei, meine nahm sie auch. Und die Kinokarten. Und zwei Superdupergutscheine für Tortilla Chips.
Nun jedoch war sie verwirrt. Ich zunächst auch, stand doch am Eingang niemand, um die Karten zu zerreißen. Dann aber doch, und ich quitterte die Entwertung mit einem freudigen Lächeln. J verschwand, tauchte wieder auf, besorgte Tortilla Chips mit leckerem Käsesaucendip und stellte betrübt fest, daß der eben erworbene Superdupergutschein nur für große Portionen galt, also im Augenblick nichts nützte. Mist.
Kino 2 wartete auf uns. Es war nahezu leer. Nur acht weitere Personen wollten „Der Fischer und seine Frau“ sehen. Wir plazierten uns trotzdem in die Parkett-Reihe, um einerseits unserer Ehrlichkeit Ausdruck zu verleihen und andererseits Js Vorliebe für vordere Sitzplätze zu befriedigen.
Die Verbraucherinformationen begannen und waren unglaublich schlecht. Nicht minder schlecht waren die Film-Ankündigungen für die Zukunft. „Typischer Frauenfilm.“, wußte J fachgerecht zu attributieren.
Dann ging es los. Der Käsedip war alle, die Chips aber noch nicht. Dafür war der Film schön, barg eine Menge Schmunzler und nicht weniger nachdenkenswerte Momente, erfreute mit angenehmer Leichtigkeit, die sich wohltuend mit berührender Ernsthaftigkeit mischte. [Ich breche die alberne Filmkritik an dieser Stelle ab, bevor ich mich in noch albernere Ausdrucksweisen verliere…]. Kurz: Der Film war schön.
Wir gingen raus zu den Rädern in die Kälte auf den mit klassischer Musik bestreuten Bahnhofsvorplatz und fuhren auf der falschen Straßenseite, partiell ohne Licht, heim, verabschiedeten uns vor meiner Haustür und waren kurz nach Eins in jeweils heimatlichen Gefilden angelangt.