Es ist, als erwache ich aus einem Traum, einem trüben, schmerzlich-süßen Traum, einem, der mich in eine angenehme Leichtigkeit hüllte und diese bis jetzt, bis hinein in das langsame, zögerliche Erwachen, das unsichere Blinzeln in das grelle Licht des Tages, andauern, ja wachsen läßt. Ich fühle mich frei, sicherlich nur für Momente, doch frei genug, um zu lächeln, mich zu erheben, fast zu schweben, als wäre ich nicht länger gefangen, gefesselt an das Jetzt, an das welkende Gestern, an das drohende Morgen.
Ich sehe auf, lege das Buch beiseite, das bis eben noch meine Gedanken, meine Blicke absorbierte, betrachte mich wie einen Fremden, einen liebgewonnenen Fremden, dem zu vertrauen ich endlich bereit bin.
Ich betrachte die Zeiger der monoton tickenden Küchenuhr, begreife, daß ihre Reise zu weit fortgeschritten ist, um ihnen noch hinterhereilen, sie einholen zu wollen, doch störe mich nicht daran, kümmere scheinbar verlorene Vergangenheiten, atme tief und ruhig, als müßte ich jedes Gramm Luft einzeln sondieren, in meinen Lungen spüren.
‚Es ist, als fände ich Hoffnung, wo ich keine suchte.‘, stelle ich fest und lasse mich treiben, in mir, in meinen Gedanken, in der von ergreifender Musik festlich bemalten Stille um mich herum.
Und während ich aus dem schmutzversehrten Fenster blicke, den mit Wolkenschatten beklebten Himmel betrachte, vergeblich um die Stimme eines geliebten Menschen an meinem lauschenden Ohr bitte, begreife ich, daß ich nicht darauf verzichten möchte, in diesem Augenblick zu leben, ich zu sein, meine Gedanken zu denken, ja auch meine Ängste zu spüren.
Das Lächeln lauert in meinen Mundwinkeln und scheint jede Tat für möglich, jede Sorge für lösbar zu halten.
Kann ich ihm glauben?
‚Ich will.‘, denke ich, mich eines alten Liedes erinnernd, greife mein Jacket, gehe hinaus und schlendere leichtfüßig durch die Straßen, als könnte mir die Welt heute nichts anhaben.
[Im Hintergrund: Stillste Stund – „Biestblut“]