Ich würde gerne schreiben. Oder zeichnen.
Ich fühle es, fühle es in mir. Ich muß schreiben. Mir fällt nichts ein. Ich muß zeichnnen. Alles, was das Papier hergibt, ist Altbekanntes, seelenloses Hingekritzel.
Gut, dann doch Wörter. Ich könnte die eine Kurzgeschichte zu Ende schreiben. „Donnerstag“ heißt sie. Ihr fehlen nur noch zwei Kaptitel. Oder die vom Herrn Konjunktiv. Sie besteht bisher nur aus einem einzigen Kapitel. Dieses ist aber ziemlich gelungen. Oder jene Sci-Fi-Fantasy-Geschichte, für die ich bisher nur drei Vorworte und eine riesige, überdimensionale, in Stichpunkten zusammengetragene Vor-Handlung verfaßte. Oder die von dem Jungen, der mit seinem dreizehnten Geburtstag eine besondere Gabe geschenkt bekommt, die sowohl Fluch als auch Segen darstellt. Oder ich beende eine der anderen, unzähligen Geschichtchen, die ich begann und dann liegenließ.
Doch ich kann nicht. Will nicht.
Schleßlich muß ich studieren. Ich müßte lernen, an meiner Studienarbeit schreiben, müßte mich kümmern, bemühen, nicht sinnlos Wörter aneinanderreihen, sondern mich auseinandersetzen, mich befassen, das Leben wichtig nehmen.
Vielleicht ist es das: Mein Dasein ist mir nicht wichtig genug. Ich lasse mich in ihm treiben und weiß, daß ich irgendwo ankommen werde. Es ist nicht schwer, zufrieden zu sein mit dem, was man hat. Das stellte ich längst fest.
Vermutlich köntne ich sogar meine Studienarbeit weiterschreiben. Ich fühle es. Doch mir fehlt der Stoff, die Information, der Input. Und wenn ich mich an meine unzähligen, ergebnislosen Versuche in der Vergangenheit erinnere, das Benötigte zu beschaffen, verzweifle ich, halte inne, verharre im Moment – und lasse mich treiben.
Einen Tritt in den Hintern, das ist es, was ich brauche. Irgendwer, vermutlich ich selbst, muß mir ins Ohr schreien:
„Los, du Kasper! Willst du ewig auf derselben Stelle stehenbleiben, während um dich herum alles fließt, alles weitergeht? Willst du ewig der Nichtigkeit frönen, wo doch die Zukunft so nahe liegt? Willst du wirklich dir selbst zusehen, wie du Tag für Tag lebst, als wäre es unbedeutend, ob „heute“ heute, morgen oder gestern darstellt? Willst du wirklich nichts sein?“
Ich möchte schreiben, möchte zeichnen, möchte kreativ sein. Doch das Wissen, der Durck, etwas anderes machen zu müssen, etwas vermeintlich Sinnvolles, Nützliches, etwas, das mich weiterbringen, vorantreiben soll, lähmt mich, mein Denken.
„Du kannst auch danach noch kreativ sein.“ Haha. Es gibt kein „danach“. Gab es nie. Zum einen, weil immer neue dringende Dinge darauf warten, endlich erledigt zu werden. Zum anderen, weil die wirren Gedanken, das kribbelnde Gefühl des Könnens, der Möglichkeiten, nicht planbar, nicht in eienn Terminkalender einsortierbar ist, weil es mich überfällt, mich unterbricht, sich an mich schmiegen und im nächsten Moment für endlose Tage verlassen kann.
Ich besitze keinen Terminkalender.
Das ist falsch. Ich besitze mehrere Terminkalender. Doch ich nutze keinen. Früher dachte ich, daß jeder Termin, den ich mir nicht merken kann, nicht wichtig genug wäre. Das ist natürlich albern. Stumpfsinn, sozusagen. Nun schreibe ich mir Zettel, verteile sie möglichst sichtbar in meinem unaufgeräumten Zimmer, oder kreiere kleine Textdateien auf dem Desktop, die mich erinnern, falls etwas wirklich wichtig ist.
Doch erstaunlich wenige Dinge sind tatsächlich wirklich wichtig, Das meiste läßt sich verschieben, ignorieren, zumindest vorübergehend. Abwarten und Tee trinken. Oder ein Brötchen essen. Mit Nuß-Nougat-Creme. Das werde ich jetzt tun.
Vielleicht bin ich ja dann bereit, mich dem eigentlich Bedeutsamen, dem ewig Drängenden, Unerreichbaren zu widmen.
Ich bin guter Dinge.