Kreative Stille

Es bedarf nicht vieler Dinge, um kreativ zu sein.

Gestern Abend lag ich bereits im Bett, bereit, mich einem erholsamen Schlaf hinzugeben, als mir Zeilen einfielen, die vielleicht ein lyrisches Werk werden könnten. Kaum war ich aufgestanden, um sie niederzuschreiben, drohten sie bereits zu entweichen. Ich eilte, krakelte auf einen alten Notizblock, in der Hoffnung am nächsten Tag noch lesen zu können, was ich verfaßte, legte mich wieder hin.

Und wieder: Einige Wörte schwirrten durch meinen Schädel, klangen gut, wollten mehr werden, wollten wachsen. Doch ich war zu müde, um mich konzentrieren, schon zu fern, um noch Gegenwärtiges thematisieren, ausformuliern zu können. Trotzdem stand ich auf, erneut, schrieb nieder, was mich beschäftigte, was mir keine Ruhe ließ, nahm den Notizblock mit ans Bett – und schlief endgültig ein.

Nun bin ich wach, abgelenkt durch Tausend Kleinigkeiten, Wirklichkeiten, die Ideen aus meinem Kopf saugen, Einfälle vernichten. Ich konzentriere mich zu sehr auf das Jetzt, beschäftige mich zu sehr mit dem, was ist, um für einen Moment loszulassen udn meinem Inneren zu lauschen.

Ich hörte oder las von einem Künstler, der nichts weiter in seinem Arbeitsraum zu stehen hatte als einen Stuhl und sein Künstlerutensiliar, lächelte über diese Eigenheit, doch zögere jetzt. Vielleicht findet er dort, was er sucht: sich selbst.

Zwei Orte kenne ich noch, an denen Stille herrscht, an denen die Welt für wenige Augenblicke schweigt, an denen die Funken meiner Gedanken sich zu Silben, zu Wörtern, zu Bildern formen können: die Toilette und die Dusche.

Die Abgeschiedenheit vom Jetzt wird mir gut tun. Ich denke, ich gehe jetzt duschen.

2 Gedanken zu „Kreative Stille“

  1. es gibt einen ort, an dem absolute stille herrscht. abends, wenn es dort keine besucher mehr gibt. ohne vogelgezwitscher, ohne alles. das absolute nichts. im timanfaya nationalpark auf lanzarote. eine sehr seltsame erfahrung …

  2. REPLY:
    Mit Stille meinte ich nicht die Abwesenheit von Geräuschen, sondern die ABwesenehit von „Welt“, was auch immer sich dahinter verbirgt.

    Trotzdem klingt das, was du beschreibst, recht spannend, wenngleich ich mich frage, wie ich mal eben schnell nach Lanzarote kommen soll, wenn ich kreativ zu sein wünsch oder Stille brauche [oder beides]…

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