Straßenbahnerlebnisse 3

Ich gebe zu, ich bin ein häufiger Nutzer des öffentlichen Personennahverkehrs und neige zuweilen dazu, in diesen Fortbewegungsmitteln den kleinen Ungewöhnlichkeiten anderer Passagiere zu widmen. Eines jedoch ertrage ich überhaupt nicht, insbesondere wenn mir geeignete Gegenmittel [wie mobile Musikabspielgeräte jeder Art] fehlen: überlaute Unterhaltungen.

Erst heute begegnete ich einem besonders aufdringlichen Exemplar dieser Gattung. Zwei Frauen, schätzungsweise zwischen 50 und 60 Jahre alt, wenig vorteilhaft gekleidet, saßen einander gegenüber. Etwas abseits hatte sich der zu einer der beiden gehörende Mann platziert.

Die Damen unterhielten sich, besser: eine von ihnen unterhielt. Ihr Mund stand nie still. Vermutlich lag es an ihrem albernen Ohrenwärmerstirnband, daß sie der Überlautstärke ihrer Stimme nicht gewahr wurde. Ich jedoch bemerkte sie. Und das nicht nur nebenbei.
Die Frau redete und redete und schien weder zu einer Atempause noch zu einem Themawechsel bereit.

Ihre unzähligen Sätze faßten den Inhalt irgendeiner hirnlosen Comedy-Sendung des Vortags zusammen, bei der sie sich wohl hinreichend amüsiert hatte. Nun glaubte ich nicht, daß mein Amusement ebenso intensiv gestaltet gewesen wäre. Schlimmer noch war es jedoch, ihr notgedrungen zuhören zu müssen, wie sie jedes unbedeutende Detail des Gesehenen dezibelintensiv beschreiben mußte, aber irgendwie verfehlte, auch nur eine winzige Prise Humor beizufügen.

Sie gab ihren ausführlichen Bericht zum Besten und vergaß auch nicht, immer wieder, insbesondere bei Erwähnung teilhabender deutscher Pseudoprominenz à la „Schanedd Biedormann“, ihrer lauschenden Begleitung die rhetorische Frage zu stellen: „Die gennste doch, oder?“.

Nur einmal richtete sie eine derartige Frage an ihren Mann und kommentierte sogleich lautstark seine darauffolgende Sprachlosigkeit:
„Du hörst mir doch eh nich zu. Ich genn dich doch. Du hörst eh nich zu.“

Bis jetzt bewundere ich diesen Mann und frage mich, wie er er wohl geschafft haben mag, trotz aufdringlicher Überlautstärke nicht zuzuhören…

Bekanntschaften auf dem Kneipenklo

Der Besuch auf der Kneipentoilette offenbarte mir Bemerkenswertes: Die Firma ille, Hersteller diverser Servicegeräte öffentlich zugänglicher sanitärer Anlagen, hatte sich wohl am Vorbild von IKEA orientiert und jedes ihrer Produkte mit eigenem Namen versehen, vermutlich sogar unter Beachtung eines gewissen humoristischen Inhalts desselben.

So fand ich bei meinem Abstecher in die nur maskulinen Wesen vorbehaltenen Bereiche der Kneipe direkt neben dem Waschbecken eine nette junge Dame namens „Soap Susie“ [man beachte die wundervolle Alliteration] vor, deren Flüssigekit ich in gebührenden Maßen nutzte. Mit feuchten Händen war ich wenige Augenblicke später auf die Gunst eines weiteren Helfers angewiesen: „Paper Jack“ [sicherlich in Anlehnung an das Bucheinbandformat Paperback] spendete mir papierne Handtücher zur Beendigung meines Reinigungsprozesses.

Jedoch konnten weder Susie noch Jack mir die Bekanntschaft ersetzen, de ich bereits kurze Zeit zuvor innerhalb der von mir genutzten Toilettenkabine geschlossen hatte:

Die metallene Gerätschaft zur Aufbewahrung und Halterung immens großer, einlagiger Toilettenpapierrollen, welche sogar mit einem Aschenbecher bestückt war, trug einen Namen, den ich persönlich, inbesondere an dieser Lokalität, mit völlig anderem als Klopapier assozierte:
„Big Willie“.

Ich konnte mir ein anzügliches Grinsen nicht verkneifen…

Das Wort des Tages 4

Das heutige Wort des Tages vernahm ich schon am gestrigen, entschlüpft dem Mund der Freundin meines Bruders, resultierend aus einem winzigen Versprecher, mündend in das Amusement über die bildliche Vorstellung des Gesagten:

Halsarmee.

das wort des tages 3

ich hatte es am gestrigen tage vergessen zu erwähnen. dessen schäme ich mich durchaus ein bißchen, insbesondere weil das wort mir heute schon wieder zwischen die lippen geriet. sicherlich wäre es ein einfaches, das wort nicht zu dem des gestrigen, sondern zu dem des heutigen tages zu deklarieren, womit aber zum einen dieser kryptsiche vortext seinen sinn verlöre, zum anderen auch der heutige tag schon in den frühen morgenstunden seine chance abgeben müßte, ein eigenes ‚wort des tages‘ zu kreieren.

das gestrige ist jedenfalls
wirrwarr.

vermutlich verfüge ich über eine mir bislang unbekannte vorliebe für doppelte Rs, war die R-verdopplung doch schon beim letzten vertreter dieser (noch nicht zu einer solchen erklärten) rubrik vorhanden und auffällig. ich bin deswegen auf das nächste wort gespannt, das mich in beschlag nehmen wird.

ich versuchte gerade, noch andere beispiele herauszufinden, in denen ein doppel-doppel-R anzufinden ist, doch vermag ich aufgrund mangelnder konzentrationsfähigkeit keinerlei ergebnisse zu liefern. mir sei das verziehen.

erwähnt werden muß aber, daß ich wirrwarr vor allem deswegen gut finde, weil das wort an sich schon selbstbeschreibend wirkt. vielleicht handelt es sich dabei auch um onomatopoeia, also lautmalerei. vielleicht aber auch nicht.

auch das wort „wirr“, ein ableger des gestrigen ‚wort des tages‘, findet sich mit überraschender häufigkeit in meinem wortschatz wieder. nicht selten versuche ich mich an pauschalisierenden aussagen wie „die welt ist …“ und muß dann feststellen, daß „wirr“ das einzige wort ist, mit dem ich mich als beschreibendes element zufriedenstellen kann.

was demnach verbleibt, ist die frage, was eigentlich ein „warr“ ist…